
BGH-Urteil zur Einschränkung der Abrufbarkeit personenbezogener Daten im Vereinsregister

Am 4. Juni 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) über die Frage, ob ein ehemaliges Vereinsvorstandsmitglied einen Anspruch auf Löschung oder zumindest Einschränkung der Abrufbarkeit seiner personenbezogenen Daten aus dem Vereinsregister hat (BGH, Beschluss vom 4.6.2024 – II ZB 10/23, NJW 2025, 351).
Hintergrund des Verfahrens
Der Antragsteller war bis 2004 Vorstandsvorsitzender eines eingetragenen Vereins. Nach seinem Ausscheiden blieben seine personenbezogenen Daten, darunter Vorname, Nachname, Geburtsdatum und Wohnort, weiterhin öffentlich im Vereinsregister abrufbar. Er beantragte beim Registergericht die Löschung bzw. die Einschränkung der Abrufbarkeit dieser Daten mit Verweis auf Art. 17 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Das Amtsgericht Bonn (Beschluss vom 27.3.2023, 20 VR 4257, BeckRS 2023, 52322) und das Oberlandesgericht Köln (NZG 2024, 80) wiesen den Antrag zurück, woraufhin der Antragsteller Rechtsbeschwerde beim BGH einlegte.
Entscheidung des BGH
Der BGH entschied, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf eine vollständige Löschung seiner Daten habe, wohl aber auf eine Einschränkung der Abrufbarkeit. Die Speicherung personenbezogener Daten im Vereinsregister sei grundsätzlich zulässig, da sie den öffentlichen Informationsinteressen diene. Nach § 79 Abs. 1 BGB iVm § 33 Vereinsregisterverordnung (VRV) seien diese Daten für jedermann abrufbar. Allerdings sei die Bereitstellung zum uneingeschränkten Abruf im Internet nicht uneingeschränkt mit der DS-GVO vereinbar. Art. 17 Abs. 1 DS-GVO könne in bestimmten Fällen eine Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten erfordern. Ein Anspruch auf Löschung bestehe jedoch nur dann, wenn keine rechtlichen Gründe mehr für die Speicherung vorliegen. § 79 Abs. 1 und 2 BGB müssten im Lichte der DS-GVO restriktiv ausgelegt werden. Der BGH entschied daher, dass die Abrufbarkeit der Daten des Antragstellers auf Fälle eines dargelegten berechtigten Interesses beschränkt werden müsse. Diese Entscheidung ist insbesondere deshalb wichtig, weil die Regelungen zur Transparenz und Rechtssicherheit aus einer analogen Zeit stammen. Früher konnte ein Registerauszug nicht auf Knopfdruck erhalten werden, sondern musste kostenpflichtig beantragt werden. Heute hingegen sind massenhafte Abrufe innerhalb kürzester Zeit möglich, ohne dass die abrufende Person ein berechtigtes Interesse nachweisen muss. Dies öffnet Tür und Tor für Missbrauch, da die personenbezogenen Daten weltweit uneingeschränkt zugänglich sind.
Bedeutung der Entscheidung
Diese Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung für den Datenschutz in Deutschland.
Zukünftig wird es wohl möglich sein, dass ehemalige Vorstandsmitglieder von Vereinen eine Einschränkung der Veröffentlichung ihrer Daten beantragen können. Dabei wird es aber nach der Entscheidung des BGH immer auf eine einzelfallbezogene Abwägung ankommen, insbesondere auf die Dauer seit dem Ausscheiden aus dem Amt. Hier wäre letztlich eine klare gesetzliche Regelung notwendig. Die Praxis, dass diese Daten heute ohne Weiteres und weltweit einsehbar sind, ist problematisch und öffnet Missbrauchsmöglichkeiten, die es in analogen Zeiten nicht gab erfordert dringend ein Umdenken.
Die Entscheidung war überfällig und wäre eigentlich unnötig gewesen, wenn der Gesetzgeber seinem Schutzauftrag nachgekommen wäre. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf das Geburtsdatum, denn dieses ist eine sehr sensible persönliche Information über eine Person. Diese sollte eigentlich niemals ohne Einschränkungen im Internet zugänglich sein!