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Rückzahlung von Fortbildungskosten

Rückzahlung von Fortbildungskosten

Künstliche Intelligenz kann Menschen diskriminieren. Seit einiger Zeit ist durch verschiedene Beispiele bekannt, dass Anwendungen von KI diskriminieren können. Beispielsweise wurden Frauen gegenüber Männern bei der Vergabe von Krediten benachteiligt. Es wurden auch Menschen entehrt. Dies geschah, weil die Gesichtserkennung Fotos von einzelnen Personen automatisiert verglichen und einer Tierart zugeordnet hatte. Wie kann das sein? Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass KI keine diskriminierenden Entscheidungen treffen kann, denn im Gegensatz zum Menschen, berechnet die KI emotionslos. Die Entscheidung ist das Resultat einer Rechenoperation. Diese ist logisch und gefühllos. In der Tat trifft die KI ihre Entscheidungen auch sachlich, unvoreingenommen und unparteiisch, also objektiv. Dennoch kann der selbst lernende Algorithmus im Ergebnis Menschen diskriminieren, denn die Ausgangsmerkmale, mit denen das Programm rechnet, tragen bereits die Diskriminierung in sich. Beispielsweise wird bei einem Lebenslaufverlauf eine Mutter mit Zeiten der Arbeitsunterbrechung der KI auffallen. Wenn nun die KI nicht die Gründe für diesen Unterschied kennt und wie es mit diesem umzugehen hat, dann kann es zu einer Benachteiligung der Mutter aufgrund dieses Merkmals kommen. Ausschluss von Diskriminierung durch mehr Daten oder positive Diskriminierung? Es klingt paradox, aber je mehr Daten die KI hat, umso besser kann diese differenzieren und Benachteiligungen ausschließen. Dies deckt sich aber nun überhaupt gar nicht mit dem Grundsatz der Datensparsamkeit. Ein Dilemma. Deswegen wird auch in den Fachkreisen überlegt, ob eine positive Diskriminierung, also die gezielte und offenkundige Bevorzugung benachteiligter Menschen, das Problem lösen könnte. Lösung der „Subobjektivität“ überhaupt möglich? Im Grunde ist die Diskriminierung ein Ergebnis einer gleichzeitig subjektiven wie auch objektiven Entscheidungsfindung. Sozusagen eine „Subobjektivität“, denn anhand von subjektiven Merkmalen trifft die KI objektive Entscheidungen. Die für die KI vorgegebenen Kriterien sind also der Grund für die Diskriminierung. Die Ausgangsparameter setzt der Mensch. Deswegen ist es enorm wichtig, dass alle Auswahlkriterien so bestimmt werden, dass nicht durch das Zusammentreffen von subjektiven Kriterien und objektive Berechnungen eine diskriminierende Entscheidung von der KI vorgeschlagen wird.

Arbeitgeberfinanzierte Fortbildung und Rückzahlungsklauseln – Ein Urteil des BAG

Es ist nicht selten, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die Fortbildung finanziert und ihn dabei finanziell unterstützt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 25. April 2023 über einen solchen Fall unter dem Aktenzeichen 9 AZR 187/22 entschieden.

Was war passiert?

Welcher konkrete Sachverhalt dem Urteil zugrunde liegt, ist nicht bekannt. Es könnte sich jedoch wie folgt zugetragen haben:

Maike Tasten ist seit einigen Jahren bei Bernd Buch als Buchhalterin angestellt. Möglicherweise kamen die beiden bei einem Kaffee in der Mittagspause auf die Idee, dass Maike bereits über umfassendes Wissen im Bereich der Steuerberatung verfügt und die Steuerberaterprüfung problemlos bestehen könnte. Bernd hatte bereits einige Buchhalter bei der Vorbereitung auf das anspruchsvolle Steuerberaterexamen unterstützt.

Maike fühlt sich durch das Lob geschmeichelt und erklärt sich bereit, die Prüfung abzulegen. Wenig später schließen beide einen Vertrag, den Bernd regelmäßig für solche Fälle verwendet – er ersetzt lediglich den Namen und den Förderbetrag im Vordruck. Der Vertrag enthält eine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall, dass Maike:

  • innerhalb von 24 Monaten nach bestandener Prüfung das Unternehmen verlässt,
  • innerhalb von 24 Monaten nach nicht bestandener Prüfung das Unternehmen verlässt oder
  • die Prüfung wiederholt nicht ablegt.

Zudem enthält der Vertrag eine Härtefallregelung, nach der Maike im Falle einer dauerhaften Erkrankung oder der Pflege von Angehörigen für die Dauer der Verhinderung von der Rückzahlungspflicht befreit ist.

Beide unterschreiben den Vertrag, und Bernd übernimmt daraufhin fast 5.000 Euro an Ausbildungskosten. Allerdings tritt Maike nie zur Prüfung an und arbeitet inzwischen nicht mehr für Bernd. Dieser fordert nun sein Geld zurück und verklagt Maike auf Rückzahlung.

Die Entscheidung des BAG

Der Rechtsstreit begann 2021 vor dem Arbeitsgericht Lingen und wurde nun in letzter Instanz vom Bundesarbeitsgericht entschieden. Das BAG entschied, dass Maike die gezahlte Summe nicht zurückerstatten muss.

Der Grund: Bernd hatte mit der Vereinbarung sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, die einer besonderen rechtlichen Prüfung unterliegen. Werden Vertragsbedingungen von einer Partei – in diesem Fall Bernd – für mehr als drei Vertragsabschlüsse genutzt, gelten sie als vorformulierte Vertragsbedingungen.

Sobald die „AGB-Tür“ geöffnet ist, muss nach § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB geprüft werden, ob die Klauseln den anderen Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Genau das hat das BAG getan und festgestellt, dass die Rückzahlungsklausel eine unangemessene Benachteiligung darstellt.

Das Gericht argumentiert, dass eine solche Klausel einen erheblichen Druck erzeugen kann, im bestehenden Arbeitsverhältnis zu verbleiben, und damit das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) einschränkt. Eine Rückzahlungspflicht muss daher einem berechtigten und schutzwürdigen Interesse des Arbeitgebers dienen und zugleich die möglichen Nachteile für den Arbeitnehmer angemessen ausgleichen.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Rückzahlungspflicht nicht über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers hinausgehen darf. Ein Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 1.400 Euro kann beispielsweise nicht dazu verpflichtet werden, Ausbildungskosten in Höhe von 20.000 Euro auf einmal zurückzuzahlen.

Die Wertung der Interessen beider Parteien – ein fiktives Beispiel

Bernd ist verärgert. Eigentlich wollte er Maike nur unterstützen, doch nun bleibt er auf den Kosten sitzen, weil er ein standardisiertes Vertragsformular verwendet hat. „Maike ist fein raus, und am Ende ist der Unternehmer immer der Dumme!“, denkt er sich.

Maike wiederum hat sich entschieden, doch keine Steuerberaterin zu werden. Nach einer intensiven Selbstreflexion kam sie zu dem Schluss, dass sie lieber einen Beruf ergreifen möchte, bei dem sie direkt mit Menschen arbeitet. Sie absolviert nun eine Ausbildung zur Pflegefachkraft.

Die Kündigung bei Bernd fiel ihr schwer, da sie sich wegen der Ausbildungsvereinbarung und der möglichen Rückzahlung Sorgen machte. Erst die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern ermutigte sie, diesen Schritt zu wagen.

Betrachtet man die Interessen beider Parteien, wird deutlich, dass Arbeitgebern viele Pflichten auferlegt werden. Sie tragen eine hohe Verantwortung für ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Bernd hat sich bewusst für die Selbstständigkeit entschieden und nimmt die damit verbundenen Herausforderungen in Kauf.

Maike hingegen bevorzugt die Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses. Sie schätzt die Planbarkeit eines festen Gehalts und nimmt dafür in Kauf, Weisungen eines Arbeitgebers zu befolgen, feste Arbeitszeiten einzuhalten und Urlaub nach Vorgabe zu nehmen.

Zwischen den beiden besteht nicht nur ein arbeitsrechtliches Verhältnis – mit Bernd als weisungsbefugtem Arbeitgeber und Maike als weisungsgebundener Arbeitnehmerin –, sondern auch ein zwischenmenschliches Machtgefälle. Damit dieses Machtverhältnis ausgewogen bleibt, sind Entscheidungen wie die des BAG erforderlich.

Hätte Maike nicht auf die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern zählen können, wäre sie möglicherweise gezwungen gewesen, die Ausbildung abzuschließen und noch zwei Jahre bei Bernd zu arbeiten – ungeachtet ihrer eigentlichen Wünsche.

Natürlich könnte man einwenden, dass sie sich der Rückzahlungsverpflichtung bewusst gewesen sein muss. Doch was wäre gewesen, wenn sie von Anfang an abgelehnt hätte? Hätte Bernd ihr dann möglicherweise gekündigt?

Das Arbeitsrecht und die Rechtsprechung des BAG zielen darauf ab, durch einheitliche Kriterien eine gerechte Balance zwischen den Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern herzustellen. Der Wermutstropfen liegt in der Tat oft beim Arbeitgeber, da er die Verantwortung trägt.

 

 

Gleichberechtigung in Sachen Mütze

Gleichberechtigung in Sachen Mütze

Künstliche Intelligenz kann Menschen diskriminieren. Seit einiger Zeit ist durch verschiedene Beispiele bekannt, dass Anwendungen von KI diskriminieren können. Beispielsweise wurden Frauen gegenüber Männern bei der Vergabe von Krediten benachteiligt. Es wurden auch Menschen entehrt. Dies geschah, weil die Gesichtserkennung Fotos von einzelnen Personen automatisiert verglichen und einer Tierart zugeordnet hatte. Wie kann das sein? Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass KI keine diskriminierenden Entscheidungen treffen kann, denn im Gegensatz zum Menschen, berechnet die KI emotionslos. Die Entscheidung ist das Resultat einer Rechenoperation. Diese ist logisch und gefühllos. In der Tat trifft die KI ihre Entscheidungen auch sachlich, unvoreingenommen und unparteiisch, also objektiv. Dennoch kann der selbst lernende Algorithmus im Ergebnis Menschen diskriminieren, denn die Ausgangsmerkmale, mit denen das Programm rechnet, tragen bereits die Diskriminierung in sich. Beispielsweise wird bei einem Lebenslaufverlauf eine Mutter mit Zeiten der Arbeitsunterbrechung der KI auffallen. Wenn nun die KI nicht die Gründe für diesen Unterschied kennt und wie es mit diesem umzugehen hat, dann kann es zu einer Benachteiligung der Mutter aufgrund dieses Merkmals kommen. Ausschluss von Diskriminierung durch mehr Daten oder positive Diskriminierung? Es klingt paradox, aber je mehr Daten die KI hat, umso besser kann diese differenzieren und Benachteiligungen ausschließen. Dies deckt sich aber nun überhaupt gar nicht mit dem Grundsatz der Datensparsamkeit. Ein Dilemma. Deswegen wird auch in den Fachkreisen überlegt, ob eine positive Diskriminierung, also die gezielte und offenkundige Bevorzugung benachteiligter Menschen, das Problem lösen könnte. Lösung der „Subobjektivität“ überhaupt möglich? Im Grunde ist die Diskriminierung ein Ergebnis einer gleichzeitig subjektiven wie auch objektiven Entscheidungsfindung. Sozusagen eine „Subobjektivität“, denn anhand von subjektiven Merkmalen trifft die KI objektive Entscheidungen. Die für die KI vorgegebenen Kriterien sind also der Grund für die Diskriminierung. Die Ausgangsparameter setzt der Mensch. Deswegen ist es enorm wichtig, dass alle Auswahlkriterien so bestimmt werden, dass nicht durch das Zusammentreffen von subjektiven Kriterien und objektive Berechnungen eine diskriminierende Entscheidung von der KI vorgeschlagen wird.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2014 die Gleichberechtigung für das Tragen von Pilotinnen-Mütze hergestellt.

Zum Sachverhalt: Eine deutsche Fluggesellschaft schloss mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Dienstkleidung des Personals. Darin wurden die Uniformteile für Damen und für Herren getrennt minutiös geregelt. Während es den Piloten zwingend vorgeschrieben war die Pilotenmütze, in der Öffentlichkeit zu tragen, wurde es den Pilotinnen freigestellt, ob sie ihre Pilotenmütze in der Öffentlichkeit tragen wollen oder nicht. Gegen diese Regelung klagte ein Pilot. Er hatte seine Cockpitmütze nicht bei sich geführt und wurde deswegen von einem Flug abgesetzt. Er berief sich auf die Unwirksamkeit der Tragepflicht, weil diese ihn wegen seines Geschlechts diskriminiere.

Nach der Vorinstanz, dem Landesarbeitsgericht Köln, lag keine Ungleichbehandlung vor.

Das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 5 Sa 549/11) hatte entschieden, dass die Tragepflicht für Piloten nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs.1, Abs. 5 iVm § 1 AGG verstößt. Piloten werden gegenüber dem anderen Geschlecht wegen der Tragepflicht nicht herabgesetzt. Der Pilot würde durch die Verpflichtung zum Tragen der Mütze nicht wegen seines Geschlechts benachteiligt, da die Betriebsvereinbarung an mehreren Stellen zwischen den Geschlechtern differenziere wie beispielsweise zwischen Blusen mit Accessoires für Damen und Hemden mit Krawatte für Herren.

Das BAG stellt Ungleichbehandlung fest.

Das Bundesarbeitsgericht (1. Senat, Urteil vom 30.09.2014, Az. 1 AZR 1083/12) bejahte die Ungleichbehandlung. Es handelt sich bei der durch die Betriebsvereinbarung vorgenommenen Gruppenbildung zwischen dem männlichen und weiblichen Personal um eine Regelung, die gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 75 BetrVG verstößt. Die nur für Piloten geltende Tragepflicht der Mütze in der Öffentlichkeit ist nicht gerechtfertigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass nach einer Regelung der strittigen Betriebsvereinbarung über die Gestaltung der Frisur von Pilotinnen die Frisur dem Tragen der Mütze nicht entgegenstehe. Danach sollten Pilotinnen ihre Frisur in „Klassik und Eleganz“ dem Hut anpassen. Folglich gab es keinerlei sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Geschlechter.

Chapeau!

 

Keine Rückwirkung für Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Keine Rückwirkung für Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Künstliche Intelligenz kann Menschen diskriminieren. Seit einiger Zeit ist durch verschiedene Beispiele bekannt, dass Anwendungen von KI diskriminieren können. Beispielsweise wurden Frauen gegenüber Männern bei der Vergabe von Krediten benachteiligt. Es wurden auch Menschen entehrt. Dies geschah, weil die Gesichtserkennung Fotos von einzelnen Personen automatisiert verglichen und einer Tierart zugeordnet hatte. Wie kann das sein? Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass KI keine diskriminierenden Entscheidungen treffen kann, denn im Gegensatz zum Menschen, berechnet die KI emotionslos. Die Entscheidung ist das Resultat einer Rechenoperation. Diese ist logisch und gefühllos. In der Tat trifft die KI ihre Entscheidungen auch sachlich, unvoreingenommen und unparteiisch, also objektiv. Dennoch kann der selbst lernende Algorithmus im Ergebnis Menschen diskriminieren, denn die Ausgangsmerkmale, mit denen das Programm rechnet, tragen bereits die Diskriminierung in sich. Beispielsweise wird bei einem Lebenslaufverlauf eine Mutter mit Zeiten der Arbeitsunterbrechung der KI auffallen. Wenn nun die KI nicht die Gründe für diesen Unterschied kennt und wie es mit diesem umzugehen hat, dann kann es zu einer Benachteiligung der Mutter aufgrund dieses Merkmals kommen. Ausschluss von Diskriminierung durch mehr Daten oder positive Diskriminierung? Es klingt paradox, aber je mehr Daten die KI hat, umso besser kann diese differenzieren und Benachteiligungen ausschließen. Dies deckt sich aber nun überhaupt gar nicht mit dem Grundsatz der Datensparsamkeit. Ein Dilemma. Deswegen wird auch in den Fachkreisen überlegt, ob eine positive Diskriminierung, also die gezielte und offenkundige Bevorzugung benachteiligter Menschen, das Problem lösen könnte. Lösung der „Subobjektivität“ überhaupt möglich? Im Grunde ist die Diskriminierung ein Ergebnis einer gleichzeitig subjektiven wie auch objektiven Entscheidungsfindung. Sozusagen eine „Subobjektivität“, denn anhand von subjektiven Merkmalen trifft die KI objektive Entscheidungen. Die für die KI vorgegebenen Kriterien sind also der Grund für die Diskriminierung. Die Ausgangsparameter setzt der Mensch. Deswegen ist es enorm wichtig, dass alle Auswahlkriterien so bestimmt werden, dass nicht durch das Zusammentreffen von subjektiven Kriterien und objektive Berechnungen eine diskriminierende Entscheidung von der KI vorgeschlagen wird.

BAG, Beschluss vom 08.02.2022, Az. 1 ABR 2/21

 

Quintessenz

Der erstmals neu gegründete Betriebsrat hat kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluss eines Sozialplans, wenn das Unternehmen bereits vor der Bildung des Betriebsrates mit der Umsetzung seiner Betriebsänderung begonnen hat.

Sachverhalt

Das Unternehmen unterhielt zwei Betriebsstätten. Es waren zuletzt 25 Arbeitnehmer beschäftigt, als das Unternehmen diesen mitteilte, dass es den Betrieb stilllegen werde. Der Arbeitgeber kündigte sodann fast allen Arbeitnehmern. Durch die Arbeitnehmer wurde knapp einen Monat nach den ausgesprochenen Kündigungen ein Betriebsrat gewählt. Der Betriebsrat forderte dann den Arbeitgeber erfolglos zum Abschluss eines Sozialplans auf. Die von dem Arbeitsgericht eingesetzte Einigungsstelle erklärte sich für unzuständig. Der Betriebsrat verfolgte sodann gerichtlich seinen Anspruch, da er die Auffassung vertrat, er habe ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluss eines Sozialplans.

Entscheidung der Einigungsstelle über Unzuständigkeit ist keine Einigung.

Das Bundesarbeitsgericht führt zunächst in seinem Beschluss aus, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung die Entscheidung einer Einigungsstelle über ihre Zuständigkeit keine Einigung der Betriebsparteien ersetzende und sie bindende Regelung über die erzwingbare Mitbestimmung darstellt (BAG 26. September 2017 – 1 ABR 57/15, BAGE 160, 232; 17. September 2013 – 1 ABR 21/12). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wird bei einer Entscheidung der Einigungsstelle über ihre Zuständigkeit weder rechtsverbindlich festgestellt noch ausgeschlossen.

Mitbestimmungsrecht nur, wenn Betriebsrat bereits in dem Zeitpunkt besteht, in dem das Unternehmen die Maßnahme plant.

Das Bundesarbeitsgericht hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest. Danach kann der Betriebsrat eines bislang betriebsratslosen Betriebs, der erst nach Beginn der Durchführung der Betriebsänderung gewählt wird, nicht die Aufstellung eines Sozialplans verlangen kann (BAG 22. Oktober 1991 – 1 ABR 17/91; 29. November 1983 – 1 ABR 20/82 April 1982 – 1 ABR 3/80; 28. Oktober 1992 – 10 ABR 75/91 u. a.).

Das BAG stellt maßgeblich auf den Wortlaut des § 111 ff BetrVG ab, wonach für die „geplante“ Betriebsänderung ein Mitbestimmungsrecht besteht. Das Beteiligungsrecht besteht demnach nur, wenn (1) eine Betriebsänderung geplant ist und (2) bereits während der Planung ein Betriebsrat besteht. Das BAG stellt klar, dass nach § 111 BetrVG die Beteiligung des Betriebsrats grundsätzlich stattfinden soll, bevor die Betriebsänderung durchgeführt ist. Daher kann ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf Abschluss eines Sozialplans nicht mehr entstehen, wenn dieser zu dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Betriebsänderung begonnen hat, noch nicht gebildet war. Sinn und Zweck eines Interessenausgleichs kann dann nicht mehr erreicht werden, da die Planung schon abgeschlossen ist und die Maßnahme sich in der Durchführung befindet. So wie § 111 BetrVG dem Betriebsrat einen Anspruch auf frühzeitige Beteiligung bereits in der Planungsphase der Betriebsänderung einräumt. Die Norm bestimmt zwingend als Zeitpunkt für die Mitwirkung des Betriebsrates die Planung, nicht die Umsetzung der Änderung. Mit der Gründung des Betriebsrates tritt in die Betriebsverfassung des einzelnen Betriebes ein neu gegründetes Organ – der Betriebsrat auf. Dieser kann seine Rechte nicht aus der Vergangenheit ableiten, sondern nur diese Rechte in Anspruch nehmen, die zum Zeitpunkt seiner Konstituierung bestanden. Zum Zeitpunkt der Gründung wurde die Betriebsänderung aber nicht mehr geplant, sondern bereits durch die von der Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigungen umgesetzt.

 

 

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