
BGH-Urteil zum Datenschutz: Kontrollverlust über Daten als Schaden

BGH-Urteil zum Datenschutz: Kontrollverlust über Daten als Schaden
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18.11.2024 (VI ZR 10/24) entschieden, dass bereits der Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO darstellen kann – unabhängig davon, ob die Daten tatsächlich missbräuchlich verwendet wurden oder spürbare negative Folgen eingetreten sind.
Hintergrund des Falls
Ein Nutzer des sozialen Netzwerks Facebook hatte geklagt, weil seine personenbezogenen Daten – darunter Name, Geschlecht und Telefonnummer – durch ein sogenanntes Scraping-Verfahren unbefugt erfasst und veröffentlicht wurden. Das Unternehmen hatte weder den Kläger noch die zuständige Datenschutzbehörde über den Vorfall informiert. Der Kläger machte geltend, dass er dadurch die Kontrolle über seine Daten verloren habe und dies einen Schaden darstelle.
Entscheidung des BGH
Der BGH stellte klar, dass ein Kontrollverlust über Daten bereits für einen Schadensersatzanspruch ausreicht. Dabei muss der Betroffene nicht beweisen, dass es zu konkreten finanziellen oder sonstigen negativen Auswirkungen gekommen ist. Der Gerichtshof betonte, dass der Datenschutz nicht nur vor Missbrauch schützen soll, sondern auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung stärkt.
Höhe des Schadensersatzanspruchs bei Kontrollverlust über personenbezogene Daten
Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bei einem Kontrollverlust über personenbezogene Daten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das Gericht muss insbesondere die Sensibilität der betroffenen Daten (z. B. Gesundheitsdaten gemäß Art. 9 Abs. 1 DS-GVO) sowie deren übliche Verwendungszwecke berücksichtigen.
Weitere entscheidende Aspekte sind:
- Art des Kontrollverlusts (wer hatte Zugriff: begrenzter oder unbegrenzter Empfängerkreis?),
- Dauer des Kontrollverlusts,
- Möglichkeit der Wiedererlangung der Kontrolle (z. B. durch Entfernen der Daten aus dem Internet oder Wechsel der Telefonnummer).
Als Richtwert für einen einfachen Kontrollverlust könnte der hypothetische Aufwand für die Wiederherstellung der Kontrolle dienen. Beispielsweise wurde vom OLG Hamm ein Schadensersatz von 100 Euro als angemessen angesehen. Falls der Betroffene jedoch psychische Beeinträchtigungen geltend macht, die über allgemeine Unannehmlichkeiten hinausgehen, kann das Gericht einen höheren Betrag zusprechen. In solchen Fällen ist eine individuelle Prüfung und Anhörung des Betroffenen erforderlich. Dann könnte der Anspruch höher sein. Tatsache ist aber, dass die deutschen Gerichte bei Schmerzensgeld nicht großzügig sind.
Bedeutung für Nutzer und Unternehmen
Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung, weil sie den Schutz von personenbezogenen Daten auf eine neue Ebene hebt. Unternehmen müssen ihre Datenschutzmaßnahmen verschärfen, um Verstöße zu vermeiden. Nutzer sollten sich bewusst sein, dass sie einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihre Daten ohne ihre Zustimmung verwendet werden.
Datenschutz ist mehr als nur Theorie
Mit diesem Urteil wird klar: Der Schutz der Privatsphäre ist kein bloßes Lippenbekenntnis, sondern ein einklagbares Recht. Wer Daten verliert, verliert oft mehr als nur Informationen – und jetzt möglicherweise auch Geld.